Verkehrswende braucht Umsteuerung – Höchste Zeit für eine ökologische Steuerreform

Wir alle wissen es (es steht ja auch in jedwedem Verkehrskonzept): Das jetzige, autobasierte, Verkehrssystem ist nicht zukunftsfähig. Und es ist auch sozial in hohem Maße ungerecht. Die Treibstoffpreise sind auf einem fast historischen Tiefstand. Die vergangene Steuerreform, bzw. die, die vor ein paar Tagen, am 1.1.2016, in kraft trat, enthält de facto keine ökologischen Aspekte. In Paris ist hingegen ein wichtiges Signal für Klimaschutz als ernstzunehmende politische Agende gesetzt worden.

Wäre jetzt also nicht eine gute Gelegenheit die Mineralölsteuer anzuheben und damit etwas Zukunftstaugliches zu machen?

Okay, eines kann man bei sogenannten unpopulären Maßnahmen lernen: Es gibt nie den richtigen Zeitpunkt! Drum scheut die Politik auch dieses Thema wie der sprichwörtliche Teufel das Weihwasser. Trotzdem: Jetzt wäre eine besonders günstige Gelegenheit! Die Ölpreise und damit die Treibstoffpreise sind auf einem fast historischen Tiefstand. Österreich gehört innerhalb der EU noch dazu zu den Ländern mit besonders niedrigen Benzinpreisen. Diesel zum Beispiel ist nur noch in Spanien, Polen und Lettland billiger. Beim einem Preisniveau unseres Nachbarn Deutschland brächte das bereits Mehreinnahmen von 900 Millionen Euro pro Jahr. Dabei sprechen wir hier von einer Erhöhung von nicht einmal 10 Cent pro Liter.

Eine Ökologisierung des Steuersystems hat eine zwingende Logik. Nämlich die Ausbeutung endlicher Ressourcen und die Zerstörung der Erde zu besteuern. Also, das mit Kosten zu versehen, was wir schützen wollen, was wir zum Überleben brauchen. Und im Gegenzug andere Dinge (die wir mit geringeren Kosten belasten wollen) zu entlasten, wie Steuern auf Einkommen zum Beispiel. Und weiter; um die dabei erzielten Verlagerungseffekte bedienen zu können, mit einem Teil der Mittel den öffentlichen Verkehr ausbauen (und Radwege errichten, Nahversorgung stärken, usw.).

Damit wäre nebenbei im Land investiert und der Staat hätte damit was sinnvolles gemacht. Ist doch klüger, als zu warten, bis die Preise wieder ansteigen und dann aber alle Gewinne bei den Saudis oder in Libyen oder in Nigeria bei Erdölkonzernen und korrupten Eliten landen. Im übrigen fließen bereits jetzt mehr als 10 Milliarden Euro jährlich für Energieimporte ab, ohne hier einen einzigen Cent Wertschöpfung zu induzieren oder auch nur einen einzigen Arbeitsplatz zu schaffen.

Mit dem Mehr an Geld im Börsel und dem Mehr an Angeboten für Mobilität kann dann jede und jeder selber entscheiden, was er damit macht. Weiterhin ein – zu durstiges – Auto zu lenken oder es öfter stehen zu lassen und umzusteigen (und damit auch viel billiger unterwegs zu sein).

Damit das politisch gelingt, sollten einige Mut fassen und so manche endlich aufhören, ewig zu wiederholen, dass es prinzipiell gut sei, wenn Treibstoffpreise möglichst niedrig sind. Endlich aufhören so tun, als gebe es ein Recht, den Raum für sich in Anspruch zu nehmen (den die öffentliche Hand für alle finanziert hat), als gebe es ein Recht, die Atmosphäre kostenlos als Müllhalde zu benutzen, als gebe es ein Recht, die anderen, die kein Auto haben, zahlen zu lassen. Das hebelt jede Umweltpolitik aus und es hebelt auch Sozialpolitik aus. Jährlich verursacht – nach einer Schätzung des VCÖ – alleine in Österreich der Autoverkehr Kosten in einer Dimension von 10 Milliarden Euro, die nicht in den Steuern auf Benzin und Diesel enthalten sind. Wer bitte zahlt das wohl?

Entscheidende Lebensgrundlagen – vor allem kommender Generationen – zu sichern und eine zukunftstaugliche Mobilitätsinfrastruktur zu entwickeln, ist eine vornehme Aufgabe und zweifelsfrei systemrelevant. Dazu wird es notwendig sein, da und dort die Perspektive zu ändern und in Möglichkeitsformen zu denken. Denn was ist das Ziel in der Verkehrspolitik? Das Ziel ist Mobilität zu sichern. Ökologisch verträglich und sozial möglichst gerecht. Beide Anforderungen kann das Auto in der Regel nicht erfüllen.

Also, wenn das jetzt nicht geht, brauchen wir nicht meinen, es gelänge, wenn die Ölpreise wieder auf einem anderen Niveau sein werden. Aber wer weiß, vielleicht kommen dann ja Fragen, warum man die Chance nicht genutzt und voraus gedacht hat.

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